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Albrecht Pallas

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Hochwasserschutz an der Weißeritz

28. Juni 2016

Kategorien: Alle

Ist die Innenstadt nun sicher?

[Interview in der SüdPost N° 6]

 

Im Interview: Thomas Jakob, Sachgebietsleiter im Umweltamt für Hochwasserschutz Elbe u. Gewässer I. Ordnung

Albrecht Pallas: Dresdens letztes großes Hochwasser ist genau drei Jahre her, doch in vielen süddeutschen Kleinstädten machen wir gerade wieder die Erfahrung, wie unerwartet und unberechenbar kleine Bäche und scheinbar ungefährliche Nebenflüsse durch plötzlichen Starkregen Schäden in ungeahntem Ausmaß verursachen. Wenn man Dresden und Hochwasser hört, denkt sicher jeder an die Elbe, doch beim Jahrhunderthochwasser 2002 war es nicht die Elbe, die mit dem überfluteten Hauptbahnhof ein Symbolbild schuf, sondern die Weißeritz. Wie gefährlich, Herr Jacob, ist dieser Nebenfluss eigentlich noch?

Thomas Jakob: Das Weißeritzhochwasser im Juni 2013 war das viertgrößte seit 1897 und das erste dieser Ereignisse, das in Dresden keine Überschwemmungen verursachte. Das ist aber kein Grund zur Entwarnung. Bei einem Hochwasser wie 2002 hätte die Weißeritz nach wie vor Schwachstellen aufgewiesen. Sie hätte vielleicht sogar wieder in die Innenstadt fließen können. Die komplette Fertigstellung der nach 2002 angegangenen Hochwasserschutzmaßnahmen wird noch bis 2022 andauern. Besonders heikel ist der Weißeritzknick an der Brücke Löbtauer Straße. Aber auch entlang des Emerich-Ambros-Ufers werden sich die Baumaßnahmen durch die Flussvertiefung noch einige Zeit hinziehen. Bevor aber die Frage nach einer Reaktivierung des Flusslaufs aufkommt, möchte ich klarstellen, dass wir diese Option umfangreich untersucht und letztendlich verwerfen mussten, da sie sich unter den gegebenen Bedingungen als nicht umsetzbar erwies.

Albrecht Pallas: Nun hatten wir 2002 und 2013 Dauerregen, in den aktuellen Hochwasserregionen allerdings deutlich punktuellen Starkregen. Welche Unterschiede bringt das für Dresden-Plauen und den Dresdner Süden allgemein mit sich?

Thomas Jakob: Für Dauerregen wurden natürlich ganz andere Vorsorgemaßnahmen getroffen. Beispielsweise wurde von der Landestalsperrenverwaltung in den Talsperren Klingenberg und Malter weit mehr Hochwasserrückhalteraum als vor 2002 eingeplant und die Vorwarnsysteme greifen besser. Sehen Sie, 1958 gab es in Tharandt eine Sturzflut am Schloitzbach, ähnlich wie in Simbach. Diese Sturzflut „schlug“ über die Weißeritz bis nach Dresden durch, die Friedrichstadt wurde überschwemmt. Bei diesem Hochwasser war eine Vorwarnung unmöglich. Sowas kann auch an den kleineren Gewässern in Dresden passieren. Unsere Aufgabe ist deshalb auch das Hochwassermanagement. Deshalb erarbeiten wir für viele dieser kleinen Gewässer auch sogenannte Hochwassrrisikomanagementpläne. Bäche wie der Kaitzbach oder der Lockwitzbach haben natürlich prinzipiell das gleiche Potential. Wir versuchen hier, die Gefährdungslage zu ermitteln und durch Renaturierungsmaßnahmen zu entschärfen.

Albrecht Pallas: Renaturierungsmaßnahmen sind ein gutes Stichwort, schließlich ist mit dem Weißeritzgrünzug doch ein besonderes Stadtentwicklungsprojekt verbunden, das den normalen Hochwasserschutz deutlich übersteigt. Andererseits ist es meistens schon schwierig, die notwendigsten Hochwasserschutzmaßnahmen mit der Anwohnerschaft in Einklang zu bringen. Wie sind dabei Ihre Erfahrungen?

Thomas Jakob: Natürlich stößt der Hochwasserschutz selbst bei Betroffenen nicht immer nur auf Gegenliebe. Besonders der notwendige Naturschutz und die Interessen der Grundstückseigentümer stellen uns manchmal vor schwierige Aufgaben. Mit dem Weißeritzgrünzug gehen wir dabei Schritt für Schritt vor. Für den Hochwasserschutz haben wir viel erreicht, bei der Renaturierung werden wir an einigen Stellen noch mehrere Jahre warten müssen. Das große Ziel ist dann natürlich zusammen mit den anderen Flüssen und Bächen ein ökologisches Netzwerk zu haben, was sowohl dem Stadtklima zuträglich ist als auch der Naherholung dienen kann. Dieses Leitbild heißt „Die kompakte Stadt im ökologischen Netzwerk“ Mit einem solchen Konzept haben wir auch die besten Chancen beim Hochwasserschutz, da wir den Gewässern mehr Raum geben. Und Konzepte entfalten ihre Wirkung schließlich nur, wenn sie komplett umgesetzt werden – für Ausnahmen und Lücken haben wir da keinen Spielraum.

Albrecht Pallas: Inwiefern ist es auch eine Reaktion auf die überregionale Entwicklung von Hochwasserkatastrophen, dass sich nun alle Dresdner Gewässer, also auch die kleinen Bäche, mit in diesem Konzept wiederfinden?

Thomas Jakob: Es ist nicht unbedingt so, dass wir in den letzten Jahren deutlich mehr Ereignisse als früher gehabt hätten. Wenn diese Wahrnehmung besteht, dann ist das sicher eher der multimedialen Begleitung geschuldet, als der tatsächlichen Ereignisdichte. Und natürlich kam es in den vergangenen Jahrzehnten zu einer immensen Erhöhung der Schadenspotentiale in überschwemmungsgefährdeten Gebieten. Ein Hochwasser, zu dem es verheerende und dramatische Bilder gibt, ist auch entsprechend präsenter in der öffentlichen Wahrnehmung. Uns geben derzeit nicht nur die Hochwasser in anderen Regionen zu denken, sondern die wegen der fehlenden Schneeschmelze in den letzten drei Wintern ausbleibenden Frühjahrshochwasser der Elbe und die daraus resultierenden ausgeprägten Niedrigwasserperioden. Schließlich sind diese nicht zuletzt auch immer eine Art Testlauf, die helfen, das Hochwasserbewußtsein aufrecht zu erhalten und die Kontroll- und Meldewege zu prüfen.