Gestern konnte ich Jens Jungmann für unser erstes Stadtgespräch gewinnen. Mit dem früheren Mopo-Redakteur für Landespolitik nahmen wir uns unter dem Titel „Alles nur Lügen?“ den Fragen zur Mediendemokratie an. Da Kritik an Presse und Fernsehen mittlerweile anscheinend zur Normalität gehört, war es uns wichtig, den Vorwürfen offen zu begegnen. Und dafür muss man auch mal einen Blick in die Tiefe der Arbeitsweise einer Redaktion werfen.
Diese Arbeitsweise, aber auch die Vorwürfe an ihr, lernte Jungmann bei SZ und Mopo seit 1996 kennen. So erläuterte er ausführlich das Zustandekommen eines Zeitungsartikels, aber auch die Fehleranfälligkeit mancher Prozesse. Angefangen beim Brainstormen möglicher Themen über den Verlauf der Recherche bis hin zur abschließenden Kontrolle, die im besten Fall durch Korrektoren abläuft. Beim Einsparen solcher Korrektoren in den Redaktionen, zeigt sich schon eine ernste Schwachstelle im privatwirtschaftlichen Betrieb einer Zeitung. Jungmann erläuterte, wie die Kürzungen beim Personal in den Redaktionen die Pressequalität in Mitleidenschaft zogen. Deutlich wurde der Widerspruch von Tiefenrecherche und Themenvielfalt unter dem Zeitdruck der heutigen Echtzeitberichterstattung.
Besonders kleineren Zeitungen fehlen oft die Mittel, allen Ansprüchen zu genügen und die Konkurrenz des Internets abzufedern. Beim Stichwort Internet stieß Jungmann als Vertreter der Medien auf die gleichen Vorzüge und Nachteile wie ich in der Rolle des Politikers. Einerseits laden kleine Nachlässigkeiten zu großer Medienschelte ein. Anderseits wird auch ein schnelles Echo bei tatsächlichen Fehlern möglich. Besonders an dieser Stelle wurde die Diskussion lebhaft. Dass eine Zeitung nicht immer druckt, was man lesen möchte oder ein Politiker nicht immer sagt, was man hören möchte, ist jedoch keine Verschwörung die zum Vorwurf der ‚Lügenpresse‘ und ‚Systemmedien‘ berechtigt.
Doch nicht nur die Kritik an Medien und Politik ähnelt sich. Auch die Möglichkeiten miteinander in Kontakt zu treten gleichen sich. Inwiefern diese genutzt werden, hängt allerdings von der Diskussionsbereitschaft der Kritiker*innen ab. Jungmann und ich haben gestern versucht, ein entsprechendes Angebot zu schaffen. Letztendlich waren sich fast alle über das Grundproblem des Medienmarkts einig: Qualität hat ihren Preis und unter den wirtschaftlichen Herausforderungen lassen sich leider selten alle Wünsche und Anforderungen an die Branche befriedigen. Dass den Leserinnen und Lesern verschiedenster Couleur aber auch eine ebenso breite Medienauswahl gegenübersteht, ist die zweite Hälfte der Wahrheit.